Die Prüfung Gottes
- Malte
- 7. Feb. 2024
- 3 Min. Lesezeit
Diese Geschichte basiert teilweise auf wahren Begebenheiten
Eines Mittwochs saß ich in einer veganen Burgerrestaurantkette und genoss meinen Mac&Cheese Burger, Pommes und den free refill Eistee, der mit später in der Skandinavistik Vorlesung immer so richtig auf die Blase drückte.
Im Laden hatten sich zwei Handwerker breit gemacht und blockierten mit ihrer Leiter die Refill-Station, weswegen ich weder meinen Durst mit der fünften Tasse Zuckerwasser mit Pfirsichgeschmack stillen konnte, noch die nötige Ruhe und Konzentration hatte, um ein paar Seiten in meinem Krimi zu lesen.
Darum schaute ich gelangweilt im Laden umher und beobachtete die beiden Männer, wie sie die Lampen auswechselten und dabei einen Stromausfall auslösten.
Jetzt konnte ich mein Getränk nicht nachfüllen, weil kein Strom da war und nicht lesen, weil es dunkel war, weil kein Strom da war. Mein Gott. Und das lokale WLAN konnte ich auch nicht nutzen, weil kein Strom da war.
Der Tumult mit den Handwerkern unterhielt mich aber immer noch mehr, als in aller Stille in dem schlichten Vorraum des Vorlesungssaals zu hocken.
Mitarbeitende rannten aufgeregt hin und her zwischen Kassiertresen und Sicherungskasten und schienen alle planlos, aber optimistisch.
Als der eine Handwerker schließlich ganz oben auf der Leiter stand, und ich meine nicht auf der letzten Sprosse, sondern ganz oben drauf, da gab ihm sein Kollege vom Sicherungskasten aus das Kommando mal die Lampe auszuprobieren und ZAPP, da blitzte es.
Ich blinzelte und rieb mir die Augen - was schaue ich auch direkt in das Licht?
Da hörte ich eine donnernde Stimme:
„Mein Sohn.“
sprach sie.
„Mein Sohn.“, sagte die Stimme erneut, ohne dass sie ihren Ton änderte.
„Papa?“, fragte ich schüchtern. (Anmerkung des Autors: Ich habe meinen Vater nicht „Papa“ genannt, sondern Wolfgang. Aber ich habe das mal für das generelle Leseverständnis geändert.)
„Nein. Ich bin es, Gott.“, antwortete die Stimme. Immer noch weder spöttisch, genervt oder bestimmt.
„Krass.“, sagte ich „Echt jetzt?“.
„Ja, mein Sohn.“, sprach Gott.
Diese ‚Mein Sohn‘ Sache pisste mich schon ein bisschen an, aber ich sah mal drüber hinweg. Denn ich hatte Fragen! Und einen Moment wie diesen musste ich doch nutzen, um sie zu stellen.
„Du Gott. Es heißt ja immer, du seist für alles hier zuständig. Warum gibt es dann horrende Krankheiten, Genozide, Rassismus, Geschlechtertrennung, Phase 10, Hass, Armut, Hungersnöte, Umweltkatastrophen und Kapitalismus?“, fragte ich direkt drauf los.
„Äh. Eigentlich wollte ich dir von deinem Schicksal berichten, mein Sohn.“ sprach Gott, leicht ins Stottern gekommen.
„Nee, passt schon. Aber wäre echt cool, wenn du meine Frage beantworten könntest.“, sagte ich und hing noch schnell ein „Mein lieber Gott.“ hinten ran, aus Höflichkeit.
„Mein Sohn, das alles ist eine Prüfung.“, sprach Gott, diesmal wieder vollkommen gefasst.
„Eine Prüfung?“, wiederholte ich Gottes Antwort. „Auf was prüfst du uns denn? Und alle Menschen? Prüfst du auch die Tiere? Die Pelikane, die in dem abgelassenen Öl von BP-Frachtern verrecken - prüfst du die auch? Hasst du Pelikane, Gott?“.
„Nein, mein Sohn. Natürlich hasse ich…“ unterbrach Gott meinen Redefluss.
Aber ich unterbrach Gott gleich zurück: „Und wann war die Anmeldefrist für diese Prüfung? Kann ich die auch noch in einem zweiten Prüfzeitraum ablegen? Wurde ich ohne mein Einverständnis bei meiner Geburt angemeldet? Findest du das moralisch vertretbar, Gott? Bist du nicht das A und O der Moral?“.
Ich musste erstmal durchatmen.
„Alles wird sich dir offenbaren, wenn die Zeit gekommen ist, mein Sohn. Um jetzt auf dein Schicksal zurückzukommen…“ hallte Gottes Stimme durch meinen Kopf.
„Das ist so eine nicht-Antwort.“. Ich ignorierte Gottes Anliegen. „Hast du mal drüber nachgedacht von der Religion in die Politik zu wechseln?“. Ich lachte über meinen eigenen Witz und die Menschen in dem veganen Burgerrestaurant schauten kurz auf, bevor sie sich wieder ihren Sojapatties widmeten.
„Jetzt mal Tacheles, Gott. Wenn du alle Menschen und die Tiere und Pflanzen vielleicht auch und eventuell noch mehr Wesen im Weltall, ich weiß ja nicht wie groß dein Zuständigkeitsbereich ist, dazu verdonnerst deine Prüfungen zu bestehen, von denen sie gar nicht wissen, dass es welche sind, dann finde ich das ein… ähm…“, ich schnipste mit den Fingern, auf der Suche nach dem richtigen Begriff „dann klingt das so, als hättest du einen Gott-Komplex“.
„Ich bin Gott“, sprach Gott. „Und ich mache Gott-Sachen, weil ich als Gott das eben will. Bla bla bla, preiset den Herrn. Schicksal Schmicksal. Verdammung. Welt retten. Bestimmung. Piep piep piep, wir haben uns alle lieb.“
Ja sorry. Keine Ahnung, was Gott mir dann noch erzählt hat. Ich musste echt dringend auf Klo und so wirklich hat mich das Zwiegespräch dann auch nicht mehr interessiert, nachdem Gott meinen Fragen ausgewichen ist.
Jedenfalls hatte ich an diesem Tag zwei Sachen gelernt.
Erstens ist der ‚Sending‘ Zauber bei Dungeons&Dragons echt mächtig. Mit diesem Zauber kann man einem jeden Wesen eine kurze Sprachnachricht im Kopf hinterlassen, und es kann sich nicht groß dagegen wehren. Mächtig nervig.
Und zweitens hasst Gott Pelikane.
Na, wenn Gott das moralisch vertreten kann…
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