Neuwahlen
- Malte
- 20. Apr. 2020
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 21. Apr. 2020
“Ich hätte gerne ein Kürbiskernbrötchen, das Nuss-Nougat-Croissant mit dem Puderzucker drauf, eine Brezel ohne Salz und 300g von dem Chia-Dinkel-Feige Laib dort hinten rechts.”, pruste ich heraus wie ein Drittklässler, der schnell das auswendig gelernte Gedicht aufsagt, damit die Eltern glücklich sind und bevor es wieder aus dem Kopf verschwindet. “Äh, ja eine Brezel, ein Kürbisbrot… Was war das noch?”, fragt die Bäckereifachverkäuferin, die meinem Marathon von Satz nicht ganz hinterher kam. “Ein Buttercroissant und 500g Walnussbrot, richtig?”. Ich blinzele die Bäckereifachverkäuferin an. Ich weiß genau so wenig, was ich eigentlich wollte, wie die Bäckereifachverkäuferin. Also nicke ich einfach. “Darf es noch etwas sein?, fragt mich die Bäckereifachverkäuferin. Ich denke darüber nach, ob diese Frage die erste Regel in der Bäckereifachverkäuferinnenausbildung ist oder ob andere Kunden und Kundinnen einfach plötzlich auf die Nachfrage noch kiloweise Gebäck haben wollen und dieser leichte Marketingtrick den Profit weit in die Höhe treibt. Ich schüttele meinen Kopf. “Ich hätte gerne ein Kürbiskernbrötchen, das Nuss-Nougat-Croissant mit dem…”. Ich breche im Satz ab. Das hatten wir doch eben schon. Die Bäckereifachverkäuferin schaut mich perplex an. Eine Stimme erscheint in meinem Kopf: “Hier spricht NANU, das Neuwahlen-Anwendungs-Netzwerk-Unternehmen. Wir haben ihre Zeitlinie zurückgedreht und bieten ihnen die Möglichkeit eine neue Wahl zu treffen.” “Äh.”, denke ich. “Bitte bewerten sie uns und geben 5 Sterne in dem NeuroApp Store. Dankeschön.”, hallt es durch meinen Kopf. “Äh.”, sage ich. “Puderzucker?”, sagt die Bäckereifachverkäuferin. Ich schüttle in Verwirrung den Kopf, lege das Geld für das Kürbiskernbrötchen auf den Tresen, schnappe mir die Tüte und drehe mich zum Ausgang. “Ich hätte gerne ein…”, fange ich einen Satz an. “Überlege es dir gut.”, erklingt das NANU in meinem Kopf. “Kürbiskernbröchen, das Nuss-Nougat-Croissant mit dem…”. “Ich hätte gerne…”, versuche ich es erneut und das vierte Mal an diesem Zeitpunkt. “Wehe.”, droht mir das NANU. “ein”, fahre ich fort. “Sag bloß nichts falsches!” “Kü..”, beginnen meine Lippen ein Wort zu formen.
Die Bäckereifachverkäuferin starrt mich entgeistert an. “Du solltest wissen, dass in der Endnutzer-Lizenzvereinbarung steht, dass wir uns jegliche Rechte sichern, dein Gehirn im Notfall für Marktforschungstests wie Popmusik für unter 5-jährige oder Spotify Werbung zu verwenden.” “Kümmelbrötchen?!”, beende ich meinen Satz, “Ein Kümmelbrötchen. Nur das, nicht mehr und nicht weniger.” “Geht doch”, sagt das NANU. “Darf es sonst noch etwas sein?”, fragt mich die Bäckereifachverkäuferin. Ich überlege kurz und nehme noch 2,5 Kilo Butterkekse mit.
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